Dank der modernen Ökostromzentrale wird die Bahnstromversorgung aus 100 % erneuerbarer Energie langfristig sichergestellt. Das freut nicht nur die Umwelt, sondern auch die Gäste, die bei der Inbetriebnahme dabei sein durften.
Ein Mammut-Projekt in schwindelerregender Höhe
Das Kraftwerk Spullersee wurde von den ÖBB in den Jahren 1919 bis 1925 als Bahnstromkraftwerk errichtet. Nach fast 100 Jahren verlässlicher, nachhaltiger und umweltfreundlicher Stromerzeugung waren wesentliche Teile der Anlage am Ende ihrer technischen und wirtschaftlichen Lebensdauer angelangt. Damit eine effiziente Gewinnung der Energie für den nachhaltigen Antrieb der Züge auch für die Zukunft sichergestellt ist, wurde das Wasserkraftwerk in den vergangenen beiden Jahren beim größten Umbau in seiner Kraftwerksgeschichte auf den neuesten Stand der Technik gebracht – und zwar "in time"!
Daten & Fakten
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- Leistung 36 MW
- Bahnstrom 16,7-Hz
- Ort: Lechquellengebirge, Vorarlberg
- Inbetriebnahme Oktober 2021
- Projektdauer circa 2 Jahre
- Kosten: rund 31 Mio.
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Meilensteine
- Start Vorarbeiten: August 2019
- Start Hauptarbeiten: Juli 2020
- Fertigstellung: Dezember 2021
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Beitrag Kraftwerk Spullersee nach der Standortoptimierung: 12% an der ÖBB-eigenen Regelleistung
Extreme Bedingungen
Arbeiten bei Tag und Nacht in 40 Grad steilem Gelände, bei Schnee, Regen und Hitze und unter besonderen Schutzmaßnahmen wegen COVID-19, verlangten dem Team einiges ab. Der Probebetrieb war der erste Prüfstein, der mit Bravour gemeistert wurde.
100 Prozent erneuerbare Energie aus Österreich
Durch seine bauliche Auslegung ist das Kraftwerk in der Lage, gemeinsam mit dem Kraftwerk Braz bei Bedarf die Bahnstromversorgung in ganz Vorarlberg sicherzustellen. Die moderne Ökostromzentrale kann Lastspitzen aus dem Bahnstromnetz ausregeln und dient zudem der Stabilität des ÖBB-Stromnetzes. Das Kraftwerk Spullersee produziert also nicht nur 100 Prozent erneuerbare Energie aus Österreich, sondern fungiert darüber hinaus auch als Motor für die regionale Wirtschaft. In der Region West (Tirol und Vorarlberg) betreiben die ÖBB neben Braz und Spullersee noch das Kraftwerk Fulpmes an der Ruetz im Stubaital. Diese drei Kraftwerke produzieren jährlich rund 220.000 Megawattstunden (MWh) Strom. Der Verbrauch der ÖBB in den beiden westlichsten Bundesländern liegt dem gegenüber bei rund 275.000 MWh, was einem Jahresverbrauch von rund 55.000 Haushalten entspricht. Rund 80 Prozent der benötigten Energie erzeugen die ÖBB damit in der Region selbst, der Rest wird von Partnerkraftwerken und von der ÖBB Kraftwerksgruppe Stubachtal bezogen.
Überblick über die durchgeführten Arbeiten
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Zugangstunnel / Seeentleerung / Tausch altes Stollenrohr
Im Winter 2019/20 wurden der rund 480 Meter lange Zugangstunnel als Teil des neuen Ausrüstungskonzepts ausgebrochen. Parallel zu diesen Arbeiten wurde Anfang Jänner 2020 der Speicher Spullersee bis auf den ursprünglichen Seespiegel entleert. Im Rahmen dieser Seeentleerung wurde auch eine neue, seeseitige Apparatekammer ausgebrochen sowie wichtige maschinenbauliche Anlagen wie zwei neue notschlusstaugliche Absperrklappen eingebaut. In einer Zwischenbetriebsphase von Mai bis Juni 2020 wurde das Schmelzwasser im Einzugsgebiet des Speichers abgearbeitet. Zum Schutz der Arlbergbahnstrecke vor den Bauarbeiten wurde bereits im Vorfeld (Oktober 2019) eine Schutzeinhausung errichtet. Im Schutz dieser Einhausung wurden der neue, acht Tonnen schwere Kabelkran errichtet. Zudem erfolgte der Abtrag der alten Betriebsseilbahn und der drei Druckrohrleitungen. Mitte Mai 2020 wurde die Einlaufklappe geschlossen und das alte Stollenrohr aus Stahl aus dem Jahr 1924 auf der gesamten Länge von 1.750 Meter durch ein neueres größeres GFK-Rohr (Glasfaser verstärkter Kunststoff) ersetzt.
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Alte Druckrohrleitungen durch erdverlegtes Stahldruckrohr ersetzt
Im Zuge der Anfang Juli 2020 gestarteten Hauptarbeiten wurde anstelle der früheren drei Druckrohrleitungen ein neues, 1.460 Meter langes, erdverlegtes Stahldruckrohr errichtet. Dieses Stahlrohr hat einen Durchmesser von 1.100 mm und Wanddicken bis zu 25 mm. Für die Spezialisten waren diese Arbeiten höchst herausfordernd, da sie im bis zu 40° steilen Gelände, Sommer wie Winter durchgeführt werden mussten. Die Arbeiten an der Druckrohrleitung wurden im Mai 2021 abgeschlossen. Im Anschluss daran konnte das Kraftwerk Spullersee mit 36 Megawatt (MW) Ausbauleistung in den Probebetrieb gehen.