Überblick über durchgeführte Tätigkeiten gemäß § 55j EisbG

Koordinierung 2023

Die ÖBB-Infrastruktur AG führte im Jahr 2023 eine Koordinierung gemäß § 55j EisbG durch. Nach Konsultation mit den Koordinierungsbeteiligten wurde gemäߧ 55j Abs. 3 EisbG ein Leitfaden für die Koordinierung erstellt und veröffentlicht. In der im Leitfaden festgehaltenen Frist von 28.07.2023 bis 01.09.2023 tätigten drei Koordinierungsbeteiligte Eingaben, die jeweils mehrere Punkte umfassten. Alle eingebrachten Punkte wurden auf Zulässigkeit, Vollständigkeit und Verständlichkeit geprüft. Anschließend wurde den jeweils betroffenen Koordinierungsbeteiligten sowie der Schienen-Control Kommission als Beobachterin eine dem jeweiligen Punkt der Eingabe entsprechende Antwort übermittelt. Weiters gab es die Möglichkeit, die von den Koordinierungsbeteiligten eingemeldeten Themen im Rahmen der Koordinierungsveranstaltung am 08.11.2023 mündlich zu erörtern. Die Koordinierungsbeteiligten haben im Rahmen der Einmeldung keinen Bedarf für eine solche Erörterung der Themen gesehen bzw. haben den Wunsch nach einer Erörterung nicht kundgetan.

9 Punkte koordiniert

Nach Prüfung, ob die Weiterbearbeitung des jeweiligen Punkts im Rahmen der Koordinierung nach § 55j EisbG zulässig ist, wurden von der ÖBB-Infrastruktur AG neun Punkte koordiniert und beantwortet. Diese betrafen die Koordinierungs-Themen gemäß § 55j Abs. 1 EisbG im folgenden Ausmaß:

 

Themen gemäß § 55j Abs. 1 EisbG

Anzahl der Eingaben
1.1 Bedarf der Fahrwegkapazitätsberechtigten hinsichtlich Erhaltung und Ausbau der Eisenbahninfrastrukturkapazität 4
1.2 Inhalt und Umsetzung der nutzerorientierten Ziele und Anreize, die in Verträgen gemäß § 55b Abs. 1 EisbG vorgegeben werden 0
1.3 Inhalt und Umsetzung der Schienennetz-Nutzungsbedingungen 1
1.4 Fragen der Intermodalität und der Interoperabilität 0
1.5 Fragen zur Nutzung und zu den Bedingungen für den Zugang zur Eisenbahninfrastruktur sowie zur Qualität der Dienstleistungen des Eisenbahninfrastrukturunternehmens 4

 

Koordinierungsveranstaltung 08.11.2023

Nach der Evaluierung aller eingebrachten Punkte wurden seitens der ÖBB-Infrastruktur AG im Rahmen der Koordinierungsveranstaltung am 08.11.2023 folgende Themen in Form von Impulsvorträgen behandelt:

1.    Baustellenplanungsprozess
2.    Strategische Entwicklung von Anlagen zum Ab- und Hinterstellen 
3.    VO-Vorschlag für ein Kapazitäts- und Verkehrsmanagement in Europa
 

1.     Baustellenplanungsprozess

Die Konzeption der planmäßigen Einschränkung im Netz der ÖBB-Infrastruktur AG erfolgt auf Basis des Anhang VII zur Richtlinie 2012/34/EU des Europäischen Parlamentes und des Rates zur Schaffung eines einheitlichen europäischen Eisenbahnraums. Hierbei werden die Einschränkungen in 4 Kategorien (major, minor, high, medium TCRs) eingestuft. Kriterien für diese Kategorisierung bilden die Dauer der Einschränkung sowie der erwartete Ausfall bzw. die erwartete Umleitung von Zugtrassen pro Tag. Aus diesen Kategorien ergeben sich die Fristen für die Koordination mit Nachbar-Infrastrukturbetreibern, für die Konsultation der Zugangsberechtigten und für die Veröffentlichung. Die Veröffentlichung der Einschränkung im Baubetriebsplan enthält den vorgesehenen Tag, die Tageszeit und, sobald möglich, die Uhrzeit des Beginns und Endes der Einschränkung, den von der Kapazitätsbeschränkung betroffenen Streckenabschnitt und gegebenenfalls die Kapazität der Umleitungsstrecke.

Das Eisenbahninfrastrukturunternehmen kann entscheiden, die Fristen nicht anzuwenden, wenn die Kapazitätsbeschränkung für die Wiederherstellung eines sicheren Zugbetriebs erforderlich ist, der Zeitpunkt der Beschränkung nicht unter der Kontrolle des Eisenbahninfrastrukturunternehmens liegt, die Anwendung dieser Fristen nicht kostenwirksam oder nicht zu vertretende Nachteile für die Lebensdauer oder Zustand von Anlagen verbunden wäre oder, wenn alle betroffenen Antragsteller zustimmen.

Eine besondere Herausforderung ist in diesem Zusammenhang die internationale Koordinierung von Baustellen, da auch auf benachbarten Infrastrukturen die Fristen bei Zustimmung aller Antragsteller unterschritten werden können. In diesen Fällen sowie im Falle anderer Kapazitätsbeschränkungen, die nicht gemäß anderen Bestimmungen des Anhangs VII der Richtlinie 2012/34/EU unterzogen werden müssen, konsultiert das Eisenbahninfrastrukturunternehmen die betroffenen Antragsteller und die wichtigsten Betreiber von Serviceeinrichtungen umgehend.

Der Baustellenplanungsprozess endet mit dem Versand der Information der Einschränkung der Infrastruktur (IEI) und markiert den Beginn des BETRA-Fahrplanprozesses mit Betriebssimulation, Kapazitätsanalyse und Fahrplananordnungen. Die SNNB 2025 verlängern die Bestellfristen für die Baustellenplanung und Fahrwegkapazitätsberechtigte müssen Zugtrassenbestellungen rechtzeitig abgeben. 
 

2.    Strategische Entwicklung von Ab- und Hinterstellanlagen

Im Rahmen der Koordinierung wurden Einmeldungen zum Erhalt, Ausbau und Neubau von Anlagen zum Ab- und Hinterstellen eingebracht. 
Begrifflich unterscheidet man in der Strategieentwicklung zwischen „Abstellen“ und „Hinterstellen“. Der Begriff Abstellen bezieht sich auf einen Zeitraum von weniger als 48 Stunden und ist produktionsgetrieben, während man beim Hinterstellen einen mittel- bis langfristigen Zeitraum (mehr als 48 Stunden bis über eine Woche) spricht, wobei der Zeithorizont etwa 5-15 Jahre beträgt. Die strategische Ausrichtungen (Zeithorizont 5-15 Jahre) sehen keine ersatzlosen Streichungen von vorhandenen Ab- und Hinterstellanlagen vor. Bei Umbauten ist in der entsprechenden Region für gleich- oder höherwertigen Ersatz zu sorgen. Die Erhebung von Ab- und Hinterstellbedarfen erfolgt im Rahmen von Projektenwicklungen. Bei Abstellanlagen werden am Kernnetz 750 m lange Güterzüge berücksichtigt. Die Methodik umfasst die Abstimmung von Bedarfen und Beständen auf regionaler und bei Bedarf überregionaler Ebene. Es wird darauf geachtet, dass zukünftige Anlagen für Ab- und Hinterstellkapazitäten flexibel genutzt werden können. Infrastrukturelle Maßnahmen werden erst nach operativem Management und regionalem bzw. überregionalem Mengenausgleich gesetzt.

Eine auftretende Ausnahmesituation wird nicht Grundlage für die Infrastrukturdimensionierung sein. Zentrale Ziele sind die Erhaltung des Bestands und die flexible Nutzung, um auf mögliche Ausnahmesituationen reagieren zu können. Es besteht die Möglichkeit, konkrete und langfristige Bedarfe in der Infrastrukturanforderungsdatenbank (IADB) einzumelden. Die Datenbank spielt eine entscheidende Rolle, um bestehende Bedarfe zu identifizieren und in die zukünftige Planung einzubeziehen.


3.    VO-Vorschlag für ein neues Kapazitäts- und Verkehrsmanagement in Europa

Die Europäische Kommission strebt an, die Effizienz der strategischen Kapazitätsbewirtschaftung im europäischen Schienenverkehr zu verbessern und zu harmonisieren. Damit sollen auch klare Anreize für Eisenbahninfrastrukturbetreiber und Kapazitätsberechtigte gesetzt werden, kapazitätsbezogene Verpflichtungen einzuhalten und kurzfristige Änderungen zu vermeiden, die sich sonst negativ auf andere Netznutzer auswirken würden.

Der Vorschlag beinhaltet einen europäischen Ansatz und berücksichtigt das Sektorprojekt von RNE & FTE namens „Timetable Redesign for Smart Capacity Management“, kurz TTR. Der Verordnungsvorschlag zielt darauf ab, die netzübergreifende Koordinierung zwischen Infrastrukturbetreibern zu stärken, Kapazitätsberechtigte besser entlang des gesamten Prozesses einzubinden und digitale Tools im Kapazitätsmanagement einzusetzen. Der Entwurf umfasst die Bereiche Strategisches Kapazitätsmanagement, Verkehrsmanagement im Plan-, Störungs- und Krisenfall, sowie eine unabhängige Performance-Überwachung. Die Umsetzung erfolgt schrittweise voraussichtlich beginnend mit 2026 bis zur Vollumsetzung mit dem Netzfahrplan 2030 und erfordert intensive Koordinierung und setzt europaweite Regelharmonisierung und IT-Tools voraus. Der Paradigmenwechsel beinhaltet unter anderem eine verbesserte Koordination von Baustellen, die Einführung von verkehrsartenspezifischer Widmung, „rolling planning“ für eine später Zuweisung von Kapazitäten für den Güterverkehr und die Festlegung von reziproken „commercial conditions“.

Die Verordnung soll die europaweite Zusammenarbeit der Infrastrukturbetreiber zur Verbesserung der Qualität und effizienten Kapazitätsnutzung stärken und den Nutzern der Schiene zugutekommen. Die Vollumsetzung ist bis zum Dezember 2029 geplant.